MATT-LACKIERUNGEN - AUFKÄRUNG DRINGEND ERFORDERLICH

Ein Beitrag der Gäbel Autolackiererei GmbH, Berlin, www.gaebel-berlin.de


Matte Lackierungen (nicht zu verwechseln mit UNI-Lackierungen) an Fahrzeugen kamen in den letzten Jahren in Mode. Ohne Frage sehen seidenglänzende bis matte Oberflächen sehr chic und edel aus. Und im Wohnbereich sehen diese ohnehin viel ästhetischer aus als speckiger Hochglanz. Der Haken an der Sache ist die Empfindlichkeit und die Reparatur.

Wie entsteht Mattglanz?

Nun, die Geschichte der Lackherstellung zeigt da verschiedene Verfahren auf. Die einfachste ist die Zugabe von Füllstoffen, z.B. Talkum, die zu einer Abmagerung (Verminderung) des glänzenden Bindemittelanteiles führt und folglich seidenglänzende bis matte Oberflächen erzeugt. Leider sinkt dabei auch Wetterbeständigkeit.

Eine weitere Methode ist die Verwendung von Polyolefin- oder Polyamidwachsen als Mattierungszusatz in Lacken. Sie schwimmen an der Oberfläche des nassen Anstrichfilmes aus und sorgen so für deren mikroskopisch feine Aufrauhung, welche auffallendes Licht diffus reflektiert und somit Seiden- und Mattglanz begründet. Das Polyx® Hartwachs-Öl der Firma „osmo“ für Holz- und Korkfußböden ist ein solches Beispiel dafür.

Die dritte und im Autolackbereich mehr und mehr angewandte Möglichkeit ist der Einsatz von Mattierungszusätzen auf der Basis von Gel- und Fällungskieselsäuren, die ebenfalls die Lackoberfläche mikroskopisch fein aufbricht.

Erste Ernüchterung nach dem Kauf

Problematik bei Schrämmchen und Kratzern

Was im Show Room des Autohauses bei optimaler Beleuchtung und im Zustand der „unbefleckten Jungfräulichkeit“ des Lackkleides die Begierde des Käufers weckte, wir schon bald im Alltagsgebrauch der Alptraum des Besitzers. Was im Glanzklarlack mit Schleifen und Aufpolieren möglich ist, verbietet sich beim Mattlack. Nix da mit Polieren kleiner Schrammen von Zweigen an der Fahrzeugseite oder Fingernagelspuren in den Griffmulden, geschweige denn von etwas tieferen Kratzern. Das übergangsfreie „Mattpolieren“ ist leider noch nicht erfunden worden und auch ein Scotch Brite oder Schleifpad verschlimmert eher statt verbessert.

Waschanlage?

Je matter eine Lackierung, umso rauer ist ja deren Oberfläche und demzufolge umso empfindlicher reagiert sie auf schon kleinste mechanische Beanspruchung. Wie z.B. das leichte Überstreichen der Fläche mit dem Fingernagelrücken oder die Bürsten einer Waschanlage. Wer mit Mattlack an seinem Auto sich nach außen hin von der Masse abheben will, tut das auch beim Waschen: Car Wash ist „out“ und Handwäsche „in“! Am besten berührungslos mit dem Hochdruckreiniger oder in eine „Berührungslose Waschanlage“ fahren.

Der Tag des bösen Erwachens

kommt, wenn eine Lackreparatur ansteht. Nach dem Motto einer Zigarettenwerbung aus dem Jahre 1966, die besagte, dass es „schon immer etwas teurer war, einen besonderen Geschmack zu haben“, werden Ihnen als Kunde die Augen geöffnet und Sie zur Kasse gebeten. Vergessen Sie ein Anspritzen, Beilackieren, Spot- oder Smart-Repair? Nicht möglich!

Bis hierhin gehe ich analog zum ADAC-Artikel. Aber meine nunmehr 40-jährige Erfahrung im Fachgebiet Lackieren, begleitet von unzähligen Experimenten und Erkenntnissen, geht jedoch noch einen Schritt weiter. Es ist nicht nur notwendig, das komplette beschädigte Teil zu lackieren, nein, der Weg zur „unsichtbaren Reparatur“ erfordert automatisch das

Lackieren ganzer Partien

wie z. B. einer kompletten Fahrzeugseite! Und das Ganze OHNE Garantie, dass der Glanz 100%-ig zur Motorhaube oder zum Kofferdeckel passt! Dass ich damit nicht falsch liege, beweist auch, dass bei Gutachterlehrgängen im Allianz Zentrum für Technik (AZT) in Ismaning die gleichen Erfahrungen gemacht wurden. Zur Verständnis hier meine nachfolgende Begründung!

Die Mattlackierung - Nightmare des Lackierers

Viele Faktoren haben Einfluss auf das optische Aussehen und den Glanzgrad eines Mattlackes. Dann steht er da, der Reparaturlackierer – mit einer Anzahl von Problemen fertigzuwerden.

  • Verschiedene Lackhersteller mit ebenso verschiedenen Materialien.
  • Am Band wurden andere Klarlacke als im Reparatursektor verarbeitet und diese in anderen Applikationsverfahren. Siehe hierzu auch den Artikel „Farbunterschiede“.
  • Kleinste Abweichungen im Mischungsverhältnis mit dem Härter und der Konsistenz des angemischten Materials ergeben unterschiedliche Glanzgrade.
  • Ebenso nicht isolierte Durchschliffstellen. Wenngleich auch dieser Fakt durch höchste Sorgfalt ausgeschlossen werden kann, wartet ein weit größeres, nicht ohne weiteres zu steuerndes Problem auf den Fachmann.
  • Unterschiedliche Schichtdicken haben ebenso Auswirkungen auf den Glanzgrad des getrockneten Lackfilms. Zwei normale Spritzgänge sehen nach der Trocknung ganz anders aus als zwei satte.
  • Temperatur, Luftfeuchte und -zirkulation in der Spritzkabine beeinflussen den sich ausbildenden Mattglanzgrad.
  • Teilweise sind erheblich lange Ablüftzeiten zwischen den Spritzgängen als auch vor dem Einschalten der forcierten Trocknung akribisch genau einzuhalten.
  • Damit die im Lack enthaltenen Mattierungsmittel die mikroskopisch feine Aufrauhung der Oberfläche bewirken können, muss der Lack möglichst langsam antrocknen.
  • Und nicht zu vergessen die Skepsis des Kunden, der hinter den Einwänden des Lackierers nur Preistreiberei und Bequemlichkeit vermutet.

Für den Lackierer ist Mattlackspritzen ein Roulette-Game. Er sieht das Ergebnis erst, wenn es nicht mehr änderbar ist – nach der Trocknung!